Rotkäppchen auf Amtsdeutsch

Rotkäppchen, wie es der Mathematiker seinen Kindern zur Nacht erzählt

Rotkäppchen wie der Informatiker es seinen Kindern erzählt

Rotkäppchen aus der Sicht eines Chemikers

Rotkäppchen damals in der DDR

Rotkaeppchen auf Linguistisch

Rotkaeppchen auf Mecklenburgisch

Rotkäppchen auf Amtsdeutsch

Quelle: 3-20 Thaddaeus Troll 1978: Der himmlische Computer und andere Geschichten Hamburg. (Hoffman und Campe Verlag).

Im Kinderfall unserer Stadtgemeinde ist eine hierorts wohnhafte, noch unbeschulte Minderjährige aktenkundig, welche durch ihre unübliche Kopfbekleidung gewohnheitsrechtlich Rotkäppchen genannt zu werden pflegt.

Der Mutter besagter R. wurde seitens ihrer Mutter ein Schreiben zustellig gemacht, in welchem dieselbe Mitteilung ihrer Krankheit und Pflegebedürftigkeit machte, der Großmutter eine Sendung von Nahrungsmittel und Genußmittel zu Genesungszwecken zuzustellen. Vor ihrer Inmarschsetzung wurde die R. seitens ihrer Mutter über das Verbot betreffs Verlassen der Waldwege auf Kreisebene belehrt. Dieselbe machte sich infolge Nichtbeachtung dieser Vorschrift straffällig und begegnete beim übertreten des amtlichen Blumenpflückverbotes einem polizeilich nicht gemeldeten Wolf ohne festen Wohnsitz.

Dieser verlangte in gesetzwidriger Amtsanmaßung Einsicht in das zu Transportzwecken von Konsumgütern dienende Korbbehältnis und traf in Tötungsabsicht die Feststellung, daß die R. zu ihrer verschwägerten und verwandten, im Baumbestand angemieteten Großmutter eilend war.

Da wolfseits Verknappung auf dem Ernährungssektor vorherrschend waren, faßte er den Entschluß, bei der Großmutter der R. unter Vorlage falscher Papiere vorsprachig zu werden. Weil diesselbe wegen Augenleidens krank geschrieben war, gelang dem in Freßvorbereitung befindlichen Untier die diesfallsige Täuschungsabsicht, worauf es unter Verschlingung der Bettlägerigen einen strafbaren Mundraub zur Durchführung brachte. Ferner täuschte das Tier bei der später eintreffenden R. seine Indentität mit der Großmutter vor, stellte ersterer nach und in der Folge durch Zweitverschlingung der R. seinen Tötungsvorsatz unter Beweis.

Der sich auf einem Dienstgang befindliche und im Forstwesen zuständige Waldbeamte B. vernahm Schnarchgeräusche und stellt deren Urheberschaft seitens des Tiermaules fest.

Er reichte bei seiner vorgesetzten Dienststelle ein Tötungsgesuch ein, das dortseits zuschlägig beschieden und pro Schuß bezuschußt wurde. Nach Beschaffung einer Pulverschießvorrichtung zu Jagdzwecken gab er in wahrgenommener Einflußnahme auf das Raubwesen einen Schuß ab.

Dieser wurde in Fortführung der Raubtiervernichtungsaktion auf Kreisebene nach Empfangnahme des Geschosses ablebig.

Die gespreitzte Beinhaltung des Totgutes weckte in dem Schußgeber die Vermutung, daß der Leichnahm Menschenmaterial beinhalte. Zwecks diesbezüglicher Feststellung öffnete er unter Zuhilfenahme eines Messers den Kadaver zur Totvermarktung und stieß hierbei auf die noch lebhafte R. nebst beigehefteter Großmutter.

Durch die unverhoffte Wiederbelebung bemächtigte sich beiden Personen ein gesteigertes, amtlich nicht zulässiges Lebensgefühl, dem sie durch groben Unfug, öffentliches Ärgernis erregenden Lärm und Nichtbeachtung anderer Polizeiverordungen Ausdruck verliehen, was ihre Haftpflichtigmachung zur Folge hatte.

Der Vorfall wurde von den kulturschaffenden Gebrüder Grimm zu Protokoll genommen und starkbekinderten Familien in Märchenform zustellig gemacht. Wenn die Beteiligten nicht durch Hinschied abgegangen und in Fortfall gekommen sind, sind dieselben derzeitig noch lebhaft.

Rotkäppchen, wie es der Mathematiker seinen Kindern zur Nacht erzählt

Es war einmal ein Mädchen, dem wurde eindeutig eine rote Kappe zugeordnet, wodurch es als Rotkäppchen definiert wurde.

"Kind", argumentierte die Mutter, "werde kreativ, mathematisiere die kürzeste Verbindung zur Großmutter, analysiere aber nicht die Blumen am Wege, sondern formulisiere Deinen Weg in systematischer Ordnung." Rotkäppchen vereinigte einen Kuchen, eine Wurst und eine Flasche Wein zu einer Menge, hinterfragte nochmal den Weg und ging los.

Im Walde schnitt Ihr Weg, den Weg eines Wolfes. Er diskutierte mit Ihr über die Relevanz eines Blumenstraußes für die Großmutter und motivierte Sie, einen geordneten, höchstens abzählbaren Strauß zu verknüpfen.

Inzwischen machte der Wolf die Großmutter zu einer Teilmenge von sich.

Als Rotkäppchen dann ankam fragte Sie: "Großmutter, warum hast Du so große Augen?" - "Ich habe gerade mein BAfOeG erhalten!" -

"Großmutter, warum hast Du so große Ohren?" - "Ich habe versucht, Prüfungsfragen durch die Tür zu erlauschen!"

Großmutter, warum hats Du einen so großen Mund?" - "Ich habe gerade versucht, das Mensa - Essen zu schlucken!"

Daraufhin machte sich der Wolf zur konvexen Hüle von Rotkäppchen.

Ein Jäger kam, sah eine leere Menge von Großmutter im Haus und problematisierte die Frage, bis sie transparent wurde. Dann nahm er sein Messer und machte aus dem Wolf eine Schnittmenge. Die im Wolf integrierten Personen wurden schleunigst von ihm subtrahiert. Zum Wolf wurde eine mächtige Menge von Steinen addiert. Er fiel in einen zylinderförmigen kartesischen Brunnen, bis seine Restmenge nicht mehr lebte.

Rotkäppchen wie der Informatiker es seinen Kindern erzählt

Es war einmal ein kleines, süßes Mädchen, das immer ein Käppchen aus rotem Samt trug. Aufgrund dieses Attributes erhielt es ein Assign unter dem symbolischen Namen Rottkäppchen.

Eines Tages sprach die Mutter: "Rotkäppchen, die Gesundheit deiner Großmutter hat einen Interrupt bekommen. Wir müssen ein Pflegeprogramm entwickeln und zur Großmutter bringen, um das Problem zu lösen. Verirre Dich jedoch nicht im Wald der alten Sprachen, sondern gehe nur strukturierte Wege. Nutze dabei immer eine Hochsprache der vierten Generation, dann geht es der Großmutter schnell wieder gut. Und achte darauf, das Dein Pflegeprogramm transaktioniert wird, damit es die Großmutter nicht noch mehr belastet."

Da der Weg zur Großmutter renetrant war, traf Rotkäppchen den Wolf. Er tat sehr benutzerfreundlich, hatte im Backround jedoch schon einen Abbruch programmiert. Während Rotkäppchen einen Go To ins Blumenfeld machte, ging der Wolf im Direktzugriff zur Großmutter und vereinahmte Sie unverzüglich durch einen Delete. Ohne zu zögern gab er sich den Anschein kompatibel zu sein und nahm die logische Sicht der Großmutter an. Dann legte er sich in Ihren Speicherplatz.

Kurz danach lokalisierte auch Rotkäppchen die Adresse der Großmutter und trat in den Speicherraum. Vor der Installation des Pflegeprogramms machte Rotkäppchen sicherheitshalber einen Verify und fragte: "Ei Großmutter, warum hast Du so große Augen?" - "Weil ich zufriedene Endbenutzer gesehen habe." - "Ei, Großmutter warum hast Du so große Ohren?" - "Damit ich die wünsche der User besser verstehen kann." - "Ei, Großmutter warum hast Du so ein entsetzlich großes Maul?" - "Damit ich Dich besser Canceln kann!" Sprach's und nahm das arme Ding als Input. Nach ein Logoff begab sich der Wolf zur Ruhe, schlief ein und begann laut zu schnarchen.

Als der Jäger auf seinem Loop durch den Wald am Haus der Großmutter vorbeikam, sah er durch sein Window den Wolf im Bett liegen. "Finde ich Dich hier Du alter Sünder", sprach er, "ich habe Dich lange gesucht!" Als Kenner der Szene analysierte er sofort, daß nach den Regeln der Booleschen Algebra die Großmutter nur im Bauch des Wolfes sein konnte. Er nahm sein Messer, teilte den Bauch des Wolfes in mehrere Sektoren und machte, welch Freude, die Großmutter und das Rotkäppchen wieder zu selbstständigen Modulen.

Als Input für den Bauch des Wolfes nahmen sie viele Kilobyte Steine und beendeten die Operation mit einem Close. Als der Wolf erwachte, verursachte ihm sein dermaßen aufgeblähter Hauptspeicher solche Schmerzen, daß Er an einer Storage Violation jämmerlich zugrunde ging. Da waren alle vergnügt. Das Pflegeprogramm aktivierte die Großmutter. Rotkäppchen aber dachte: "Du willst den Lebtag nie wieder einen Go To machen, sondern nur noch strukturierte Wege gehen, wie Dir's die Mutter geboten hat."

Rotkäppchen aus der Sicht eines Chemikers

Fuer das aus der Reaktion eines unbekannten Chemikers mit seinem weiblichen Reaktionspartner, der im folgenden kurz mit dem Trivialnamen Mutter bezeichnet wird, hervorgegangene Produkt hat sich in der internationalen Nomenklatur der Name 'Rotkäppchen' allmählich durchgesetzt, das das seinen Kopf bedeckende Kunstfasergewebe mit dem roten Phenazinfarbstoff Safranin gefäbt war. Aus einer Veröffentlichung in Carnevalistica Chimica Acta 11,11 entnahm die Mutter, daß der weibliche Reaktionspartner der Reaktion, bei der sie ihrerseits gebildet worden war - im folgenden mit Großmutter bezeichnet - einem Angriff von Stoffwechselprodukten von Bakterien ausgesetzt war. Die Großmutter reagierte exotherm, was an einer negativen Reaktionswärme zu erkennen war, die von ihrer Oberfläche an die sie umgebende Gasphase abgegeben wurde. Zur Erhöhung ihrer Aktivierungsenergie hatte sich die Großmutter auf einem sonst zu Reacrationszwecken des menschlichen Körpers dienenden Gestell ausgebreitet. Die Mutter entnahm ihrer Chemikaliensammlung einige Flaschen mit Reagenzien , die geeignet waren, die schädlichen bakteriellen Stoffwechselprodukte nebst ihren Präparatoren aus der Großmutterlauge auszufällen. Die Reagenzien verpackte sie bruchsicher in einem mit Holzwolle ausgekleidetem Traggestell und beauftragte Rotkäppchen, dieses zur Großmutter zu befördern, es ermahnend, nicht das durch silikatische Gesteinsstuecke befestigte Wegesystem zu verlassen.

Durch Anthocyaninfarbstoffe enthaltende Bluetenblätter ließ es sich doch in die Cellulose-Lignin-Chlorophylll-Vorräte links und rechts der Wege locken. Dort begegnete es einem entlaufenen Versuchstier des physiologisch-chemischen Institutes namens Wolf. Dieses pruefte eingehend die Reagenzien und erkundigte sich nach ihrem Verwendungszweck. Der Wolf, der nach einer Substanz suchte, um in seiner Verdauungsapparatur einen neuen Ansatz fahren zu können, kam auf den Gedanken, dazu Großmutterfleisch als geeignetes Substrat zu verwenden. Er legte rasch den Weg zur Großmutter zurueck. Da das Tier annahm, daß Großmutterfleisch leicht oxydierbar sei, legte es auf schnelles Arbeiten wert und verwendete nicht wie bei frueheren Reaktionsansätzen die von ihm entwickelte Fleischzerkleinerungsapparatur, die nach ihrem Erfinder auch Fleischwolf genannt wird, sondern zwängte die Großmutter in einem Stueck in seinen Weithalskolben. Da sich der angreifenden Säure jetzt nur eine geringe Oberfläche bot, war die Reaktionsgeschwindigkeit natuerlich sehr niedrig, und der Wolf legte sich auf ein von vier Stativen gehaltenes Liegegestell. Um Wärmeverluste an die Umgebung zu vermeiden, isolierte er sich mit Kleidung und Federbett der Großmutter. Das Rotkäppchen, das bald eintraf, identifizierte den Wolf infolge zu oberflächlicher Analysemethoden als Großmutter. Es begann vorsichtig, den aliquoten Teil einer mitgefuehrten Reagenzlösung in den vermeintlichen Großmutterhals einzupipettieren. Der Wolf, der wegen der Reaktionshemmung in seinem Magen dringend einen Katalysator benötigte, glaubte diesen unter den Reagenzien zu erkennen und fuellte sie alle in sich hinein, einschließlich Rotkäppchen und der ganzen Flasche Barbitursäurederivat, das der Großmutter eigentlich als Schlafmittel hätte dienen sollen.

Zur Erklärung dieses experimentellen Fehlers sei bemerkt, daß er mit sauberem präparativen Arbeiten nicht vertraut war. Die danach zu erwartende Wirkung trat schnell ein. Der aufsichtsfuehrende Chemiker, der vom Institut ueber das Entlaufen des Versuchstiers informiert worden war, fand den Wolf in diesem Zustand vor. Durch starkes Stoßen in der Bauchapparatur wurde er auf eine vorschriftswidrige Beschickung aufmerksam. Er öffnete die Apparatur und konnte Großmutter und Rotkäppchen ziemlich intakt entnehmen.

Sie waren kaum angeätzt. Den Wolf, dessen Außenwände durch das starke Stoßen schon Spruenge aufwiesen, zertruemmerte er vollständig und warf ihn auf den Abfallplatz. Die beiden isolierten Substanzen wurden durch die plötzliche Lichteinstrahlung in einen angeregten Zustand versetzt. Die schüssige Energie wurde in Form von Translations-, Rotations- und Oszillationsbewegungen abgegeben. Der Vorfall wurde in einer Zuschrift an die Herausgeber von Grimms Annalen der Chemie veröffentlicht.

Rotkäppchen damals in der DDR

Rotkäppchen war gerade dabei, ein frohes Jugendleben zu entfalten, da kehrte die Mutter von der Versammlung der Haus- und Hofgemeinschaft zurück.Sie begrüßte das Rotkäppchen mit der Losung Junger Pioniere: "Bildet Timur-Trupps und helft unseren Parteiveteranen bei der verlustlosen Einbringung der Gartenernte!" "Rotkäppchen" -schlußfolgerte sie "nimm in dein Aktionsprogramm auch einen Besuch bei der Großmutter, der verdienten Parteiveteranin, auf! Überreiche ihr aus Anlaß des 15-jährigen Jubiläums der Rentenerhöhung ein Stück Obstkuchen mit Schlagcreme und eine Weinflasche mit Faßbrause. Sie werden die Großmutter stärken zu guten Taten für den Sozialismus und im Kampf um die allseitige Durchsetzung der Neurermethoden auf dem Gebiet einer kulturvollen Heimgestaltung.

Weiche nicht vom Bitterfelder Weg ab, und wenn du in den Wald gehst, ermahne dich zu erhöhter Wachsamkeit gegenüber den parteifeindlichen Umtrieben des bösen Wolfes. Seinen satirischen und dogmatischen Einflüsterungen, die vom Klassenfeind diktiert sind, darfst du nicht zum Opfer fallen. Vergiß nicht das blaue Halstuch und die rote Kappe. "Seid bereit ! - Immer Bereit!" antwortete etwas traurig das Rotkäppchen, denn es hätte gern weiter ein frohes Jugendleben entfaltet.

Aber eingedeckt der 10 Gebote der sozialistischen Moral und aufgrund seines kämpferischen Klassenbewußtsein schätzte es die Perspektiven seiner jugendlichen Entwicklung richtig ein und machte sich auf den Weg. Bei seiner Wanderung kam das Rotkäppchen an eine Wiese, die einen Überplanbestand schöner Blumen beinhaltete. Dem Rotkäppchen gelang es, diese ungenutzten Reserven aufzudecken und sie, unter Geringhaltung der Ausschußquote, für die Produktion eines Blumenstraußes zu erschließen.
Als Rotkäppchen gerade dabei war, in ihr Produktionsprogramm auch die Einführung einer Pausengymnastik mit aufzunehmen, erschien der böse Wolf.
"Freundschaft" -sagte der Wolf.
"Was machst du denn hier?"
"Ich entwickle Initiative zum Besuch der Großmutter und versuche neue Wege zu beschreiten."

"Laß uns eine Plandiskussion führen über den komplexen Einsatz bei der Veteranin." antwortete der Wolf, "Wir wollen beide als Kollektiv ein Kulturprogramm aufstellen und in Kooperation ein agitatorisch-propagandistisches Programm erstellen. Es stürmt die Höhen der Kultur!"

Doch im gleichen Augenblick wurde ihm ein Verbesserungsvorschlag bewußt. Er setzte den ökonomischen Hebel an und veränderte den Planentwurf dahingehend, daß er im programmatischen Vorgehen in Teilabschnitten erst die Großmutter und dann das Rotkäppchen seinen Versorgungsplänen einverleiben wollte. So verstieß er gegen die Richtlinien des Jugendförderungsprogramms, und Rotkäppchen sah sich allein gelassen.
Kurz darauf stand der verbrecherische Wolf vor dem Wohnblock, in dem die Großmutter durch Beziehung im Veteranenclub eine Parterrewohnung bekommen hatte. Eingedeckt der Devise "Jeder Mann an jedem Ort, einmal in der Woche Sport" sprang er durch das -entgegen den Vorschriften der staatlichen Versicherung der DDR- offenstehende Fenster.
Mit der kranken Großmutter ließ er sich auf keine Diskussion ein, sondern diktierte der Großmutter unter Mißachtung der Beratung durch die Führungsgremien einseitig seine Meinung, indem er sie einfach auffraß. Danach versuchte der gefährliche Agent sich zu tarnen. Er zog Großmutters Nachthemd aus Dederon an und legte sich mit dem Krankenschein der SVK in der Pfote ins Bett.

Nach einer kurzen Weile, in dem Bestreben, die Wartezeit zu verkürzen, betrat auch Rotkäppchen die AWG-Wohnung der Großmutter. Als Rotkäppchen die unrealistische Großmutter erblickte, erschrak es sehr.
"Großmutter, warum hast du so große Augen?"
"Ich habe eine Halbtagsbeschäftigung als Güterkontrolleur angenommen!"
"Aber Großmutter, warum hast du dann so große Ohren?"
"Ich betätige mich als ehrenamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit!"
"Großmutter, warum hast du aber einen so großen Mund?""Weißt du denn nicht, daß ich Chefkommentator beim demokratischen Rundfunk war?"Der Wolf beendete die kämpferische Auseinandersetzung durch positive Überzeugungsarbeit, indem er auch das Rotkäppchen mit Haut und Haaren auffraß. Dann legte er sich schlafen und produzierte Schnarchtöne der Güteklasse "Q" im Weltmaßstab.

Mit einem "Spatz" vom VEB Simson-Suhl kam auf der Suche nach einer Vertragswerkstatt ein Mitglied des Jagdkollektivs daher. Zufällig führte der Jäger seine Thälmannsuperflinte 2. Wahl mit sich. Dem Wolf wurde das zum Verhängnis, da er es an der nötigen Wachsamkeit hatte fehlen lassen. Mit Hilfe der Hinweise aus der Bevölkerung gelang es dem Jäger, den Wolf zu identifizieren und als Geheimagent der imperialistischen Ultras zu entlarven. Er realisierte die Tötung der scheußlichen Bestie und befreite das Rotkäppchen und die Großmutter aus dem Leibe des bösen Wolfes. Doch bevor sie den Tag der Befreiung mit Erstellung eines Kulturprogramms feierten, verfaßte das Rotkäppchen einen Artikel für die "Junge Welt", mit dem sie Kritik ihrer falschen Verhaltensweise annahm und sich vom vertrauensseligen Versöhnlertum dem Wolf gegenüber distanzierte.

Der Jäger hatte durch seine Befreiung der Großmutter und des Rotkäppchens 2 Arbeitskräfte aus der nacharbeitenden Bevölkerung zusätzlich erschlossen und damit einen Zuwachs um etwa 2000,63 Mark erzielt. Er erhielt eine Prämie von 300,- Mark, außerdem wurde ihm für seine Tat eine Aufbaustunde im Rahmen seiner Selbstverpflichtung im NAW angerechnet. Die Großmutter zeichnete freiwillig einen Betrag zugunsten der Volkssolidarität, und das Rotkäppchen ließ sich von der Großmutter die leere Weinflasche für die nächste Altstoffsammlung geben. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben alle drei noch heute.

Rotkaeppchen auf Linguistisch

Es war einmal ein spezifiziertes Subjekt (Kaeppchen), dem wurde ein Feature (+rot) zugeordnet.
GROßMUTTER zeigt negative Evidenz fuer die Wohlgeformtheitsbedingungen ihrer Oberflaechenstruktur, und MUTTER postulierte die probabilistische Strategie:
-- Bewege diesen Output zyklischer Transformationen (Kuchen + Wein) zu GROßMUTTER.
-- Verstosse dabei nicht gegen die Weg-Insel-Beschraenkung.
Die Strategie war funktional, scheiterte jedoch an dem Merkmalsbuendel WOLF (+boese), das sich in der Distribution WALD befand. WOLF dekodierte die Bewegungsregel von ROTKÄPPCHEN, plazierte sich vor diesem in die vorgesehene Position und wendete auf GROßMUTTER eine Tilgungstransformation an.

Ein explorativ orientierter JÄGER sensierte auditiv Dreikonsonantenkluster mit Sonoritaetsgipfel und klassifizierte das Lautkontinuum als Schnarchen. Nachdem er sich in eine benachbarte Position bewgt hatte, analysierte er messerscharf die signifikannte Tiefenstruktur:
-- WOLF -- MAGEN: (Großmutter + Rotkaeppchen).
Damit ueberließ er das Phaenomen seinem Schicksal und eilte zum Schreibtisch, wo er diese innovatorische Erkenntnis in einer 200 Seiten langen Arbeit niederlegte, mit der er die Umformulierte Normalosoerte Standardisierte Intensivierte Nullifizierte Nominalphraseologie (UNSINN) realisierte.
Durch minimale Faktorisierung wurde er auf einen professoralen Hochsitz passiviert. Und wenn er nicht getilgt wurde, sitzt er dort heute noch.

Rotkaeppchen auf Mecklenburgisch

Dor wir mal eins ein Fruu, dei hadd ein luett Diern. Disz' hadd uemmer so'ne rode Kappe up, dorvon heit sei "Rotkaeppchen".
Einmal seggt ehr Mudder tau ehr: "Rotkaeppchen, gah hen un bring' Groszmudder 'n baetten Kauken un Wien hen, denn sei is krank!"
As Rotkaeppchen in 'n Holt is, begegnet ehr dei Wulf. Dei seggt: "Wo willst du hen, Rotkaeppchen?"

"Ick will Groszmudder Kaucken un Wien henbringen."
"Wo wahnt dien Groszmudder?"
"Dor hinnen in 'n Holt uenner dei groten Eiken."
Donn seggt dei Wolf: "Willst Groszmudder nich 'n poor Ierfbeeren un einen Blaumenstruusz mitnaehmen?"

"Ja" seggt Rotkaeppchen.
Un uenner dei Tiet geht dei Wulf hen nah Groszmudder ehr Huus un kloppt an.
Donn seggt Groszmudder: "Wer is da?"
"Dat is Rotkaeppchen! Ich bring di Kuchen un Wien!"
Donn seggt Groszmudder: "Drueck man up dei Klink!"
Donn geht dei Wulf hen un frett Groszmudder up. Donn keummt Rotkaeppchen un seggt. "O Groszmudder, wat hest du foer grote Ogen?"
"Dat ick di baeter sehn kann!"
"O Groszmudder, wat hest du foer 'ne grote Naes?"
"Dat ick di baeter roeken kann!"
"O Groszmudder, wat hest du foer grote Uhren?"
"Dat ick di baeter hueren kann!"
"O Groszmudder, wat hest du foer grote Haend'n?"
"Dat ick di baeter anfaten kann!"
"O Groszmudder, wat hest du foer ein grotes Muul?"
"Dat ich di baeter fraeten kann!" -- Un donn springt hei tau un frett Rotkaeppchen up. Donn leggt hei sick weder in 'n Bett un snorkt. Donn keummt dei Jaeger dir voerbei in seggt: "Wo snorkt dei oll Fruu so dull: Is sei so krink? Ick moet mal tauseihn." Un hei geht nu rin, un donn lieggt dei Wulf in 'n Bett.
Dei Jaeger kuemmt nu bie un snitt den Wulf den Buuk apen. Donn kuemmt Rotkaeppchen wedder ruut un Groszmudder uck. Donn packen sei den Wulf den Buuk vull Stein un laten em nu loopen. Donn will dei Wulf eins suppen un foellt rin in 't Water.